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Abfindung versteuern?

Abfindung versteuern? Im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen wird dem Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung angeboten. Die Abfindung ist eine einmalige und außerordentliche Zahlung, die der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erhält. Die Abfindungszahlung ist damit eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Besitzstands - sowie der damit verbundenen Verdienstmöglichkeit

Zahlung der Abfindung als Entschädigung

Gleichwohl besteht für den gekündigten Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber kein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei (vorzeitiger) Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Zahlung der Abfindung ist grundsätzlich zunächst eine freiwillige Leistung, zu der sich der Arbeitgeber außergerichtlich im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung (Aufhebungsvertrag) oder Abwicklungsvereinbarung bzw. gerichtlich vor dem Arbeitsgericht im Rahmen eines Abfindungsvergleichs verpflichtet.

Abfindungshöhe - Verhandlungssache

Die Höhe einer Abfindung, die im Zusammenhang mit einer Kündigung von Arbeitgeberseite gezahlt wird, richtet sich nach einer Vielzahl von Faktoren, zentrale Bedeutung hat stets, ob die von dem Arbeitgeber ausgesprochene (betriebsbedingte) Kündigung etwa dem Kündigungsschutzrecht KSchG entspricht, oder nicht. Hält die Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand, wird der Arbeitgeber oft zur Zahlung von höheren Abfindungsbeträgen bereit sein. Zu Einschätzung dieser Vorfrage ist eine Kontaktaufnahme zu einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt, einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, zu empfehlen.

Muss die Abfindung versteuert werden?

Ja. Die erhaltene Abfindungszahlung ist nach deutschem Steuerrecht EStG steuerbares Einkommen und damit steuerpflichtig. In der Regel unterliegen die Abfindungszahlungen dem Lohnsteuerabzugsverfahren, die Höhe der Einkommenssteuer ergibt sich entsprechend aus dem Veranlagungsverfahren (Lohnsteuerjahresausgleich), in dem das zu versteuernde Einkommen abgeleitet wird. Hier sind z.B. auch Werbungskosten als Belastung absetzbar, die im Zusammenhang mit arbeitsgerichtlichen Verfahren angefallen sind (Anwaltskosten, Gerichtskosten etc.) Diese Kosten sind als Werbungskosten von der Steuer absetzbar, auch die Kosten für den arbeitsgerichtlichen Vergleich sind nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs BFH vom  09.02.2012 AZ VI R 23/10 von der Steuer absetzbar.

Abfindung versteuern: § 34 EStG regelt die Außerordentliche Einkünfte:

(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.

Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;

2.

Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;

3.

Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;

4.

Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

§ 34 EStG

(3) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. 2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. 3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. 4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. 5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen. 6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Abfindung versteuern: Ja - In Verhandlungen über eine Abfindungszahlung sollte daher stets berücksichtigt werden, dass die Abfindung der Einkommenssteuer unterliegt.

§ 34 EStG: Fünftelregelung - Steuern sparen bei der Abfindung

Liegen die Vorraussetzungen des § 34 EStG vor, kommt eine Besteuerung der Abfindung nach der Fünftelregelung in Betracht, jedoch nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen. Häufig kommt es mit der Auszahlung von Abfindungsbeträgen zu einer "Zusammenballung" von Einkünften. Hier kann es sich empfehlen, den Abfindungsbetrag im Folgejahr auszahlen zu lassen.

Kurzbeitrag zum Thema "Abfindung versteuern?"

Joachim Schrader, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf

18. August 2014